Ein Fluss mitten in Europa
Der Rhein – für viele Menschen hat dieses Wort einen besonderen Klang. Im Altertum wurde der Fluss als Gott verehrt, zu Beginn unseres Jahrhunderts als „heiliger Strom der Deutschen“ politisch missbraucht. Auch heutzutage gerät der Rhein immer wieder in die Schlagzeilen, vor allem durch seine intensiven Nutzungen und Belastungen, durch seine Hochwasser, aber auch durch seinen wieder wachsenden ökologischen Wert und seinen wiedererkannten Wert als Erholungsgebiet. Was ist also das Besondere an diesem Strom mitten in Europa?
Der Rhein - von der Quelle bis zur Mündung
Mit der Gesamtlänge von 1.233 km gehört der Rhein eher zu den kleineren Flüssen der Erde. In Europa ist er hinter Wolga, Donau u. a. der sechstgrößte Strom. Der deutsche Rheinabschnitt hat eine Länge von 857 km, ca. 45 % der deutschen Bevölkerung leben im run 105.000 km² großen Einzugsgebiet des Rheins.
Erdgeschichtlich betrachtet ist die unmittelbare Verbindung der Alpen mit dem Land am Niederrhein durch den Rheinstrom recht jung. Sie entstand durch die Vereinigung mehrerer Teilstücke älterer, ursprünglich gar nicht zusammengehöriger Flusssysteme. So lagen die Quellen des Urrheins im Bereich der Vulkanruine des Kaiserstuhls, von wo aus er wie heute nach Norden floss. Im Altpleistozän, vor über zwei Millionen Jahren, wurde dann der Aare-Rhein-Strom zu dem bereits vorhandenen Oberrhein abgelenkt, wo er sich mit dem Urrhein verband.
Demgemäß liegt das Quellgebiet des Rheins heute in den Schweizer Alpen. Von dort fließt er in den Bodensee, der mit einer Wasserfläche von 536 km² und einem Volumen von 48,5 Mio. m³ eine große Bedeutung für die Speicherung der alpinen Niederschläge und Schmelzwasser sowie die gleichmäßige Wasserführung des Rheins hat.
Nach Verlassen des Gebirges durchquert der Rhein westwärts die alpine Vorlandsenke und die mesozoische Schichttafel. Dieser Flussabschnitt von Konstanz (unterhalb des Ausflusses des Untersees) bis Basel wird als Hochrhein bezeichnet.
Ab Basel ändert der Rhein seine Richtung, fließt auf einer Länge von etwa 380 km nach Norden und tritt in eine durchschnittlich 35 km breite Senke zwischen Vogesen und Pfälzer Bergland auf der linken sowie Schwarzwald und Odenwald auf der rechten Seite ein. Der Oberrheingraben ist im Tertiär durch großräumige Vertikalbewegungen des tieferen Untergrundes entstanden. Der südliche Oberrhein von Basel bis Breisach war ursprünglich eine bis zu 6 km breite Auenlandschaft, die durch die Hochwasserschutzmaßnahmen im 19. Jahrhundert und durch den Bau des Rheinseitenkanals (1927–1959) zum großen Teil vom Strom abgeschnitten wurde und weitgehend verlandete.
Der nördliche Oberrhein, der unterhalb der Nahemündung bei Bingen endet, ist noch heute durch Mäanderbildung geprägt. Die im Zuge der Tullaschen Rheinkorrektur durchstochenen Schlingen bilden heute teilweise wertvolle Natur- und Erholungsräume.
Ab Bingen durchfließt der Rhein den Block des Rheinischen Schiefergebirges, den Rumpf eines paläozoischen Faltengebirges. Noch im frühen Tertiär lagen Hunsrück, Taunus, Westerwald und Eifel auf dem gleichen Niveau wie die Oberrheinebene. Im späteren Tertiär und während des Quartärs hob sich das Schiefergebirge langsam und in mehreren Phasen, so dass sich der Rhein in das aufsteigende Gebirge eingraben musste. In diesem ausgeprägten Erosionstal, das nur gering mächtige Schotterbildungen aufweist, fließt der Rhein bis Bonn. Sieht man vom Neuwieder Becken ab, das eine Ausnahme von dieser engen Talform darstellt, ist der Mittelrhein durch sein steiniges, felsiges Flussbett, eine gegenüber den anderen Rheinabschnitten erhöhte Fließgeschwindigkeit und das geologisch bedingt nur sehr enge Überschwemmungsgebiet charakterisiert.
Bei Bonn verlässt der Strom als Niederrhein das Gebirge. Die niederrheinische Bucht ist ein noch junges Senkungsgebiet. Der Niederrhein selbst ist landschaftlich durch eine Flussaue mit zahlreichen Inselterrassen geprägt. Vor allem im Bereich der großen Städte am Niederrhein hat der Rhein starke Einengungen erfahren. Die ökologisch wertvollen, früher üblichen periodischen Überschwemmungen bleiben aus, und die Verbindungen zu Seitengewässern fehlen.
Bei Bimmen / Lobith beginnt der niederländische Rheinabschnitt, der von Bimmen/Lobith bis Nijmwegen als Bovenrijn weiterverläuft und sich später in die drei Hauptarme Waal, Neder-Rijn und Ijssel aufteilt, die ein ausgedehntes Delta mit einzelnen, untereinander mehrfach in Verbindung stehenden Stromrinnen bilden, das sich in Richtung Nordsee immer mehr ausdehnt und zum Schluss nur noch einzelne Inseln übriglässt.